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WFG Kreis Viersen » Infrarotheizungen im Hybridsystem: Modellierung des Raumes und Energiebilanz

Infrarotheizungen im Hybridsystem: Modellierung des Raumes und Energiebilanz

In Zeiten steigender Energiekosten und der Notwendigkeit, den Energieverbrauch in Gebäuden zu senken, rückt die genaue Berechnung des Heizwärmebedarfs immer mehr in den Fokus. Ein präzises digitales Modell zur energetischen Bilanzierung ermöglicht es, den Temperaturverlauf eines Raumes im Jahresverlauf nachzubilden und die benötigte Heizwärme auf Grundlage von realistischen Wärmeverlusten und -gewinnen zu ermitteln. Solch ein Modell wurde im Rahmen des Projekts "Infrarotheizungen im Hybridsystem" vom Studenten Adrian Kauertz erstellt, welcher sich diesem komplexen Problem gewidmet hat.

Die Grundlage

Grundlage der Energiebilanz ist die Gegenüberstellung der Wärmegewinne und -verluste eines Raumes. Bei der Berechnung der Energiebilanz eines Raumes geht es also darum, herauszufinden, wo und wie viel Wärme ein Raum gewinnt und verliert.

Wärmeverluste entstehen in den meisten Fällen an kalten Tagen durch Wände und Fenster (Transmissionsverluste) sowie durch das Lüften. Wärmegewinne hingegen entstehen durch anwesende Personen und elektronische Geräte wie Laptops (interne Gewinne) und durch Sonneneinstrahlung. Die Differenzen zwischen diesen führen zu einer entsprechenden Erhöhung oder Verringerung der Raumtemperatur, wobei die Kompensation für letztere der Heizwärmebedarf ist. In Formeln ausgedrückt bedeutet dies:

Heizwärmebedarf = Transmissionsverluste + Lüftungsverluste – (Interne Gewinne + Solare Gewinne)

Um die Wechselwirkungen zwischen dem Raum und seiner Umgebung zu berücksichtigen, wurde ein Modell erstellt, das die Gewinne und Verluste in stündlicher Auflösung vergleicht. Solche Modelle helfen, die Effizienz von Heizsystemen zu bewerten und zu sehen, wie sich die neue Heizmethode mit Infrarotstrahlern auf die Energiekosten auswirkt.

Die Zusammenfassung

Das Modell auf verschiedene Szenarien angewendet, um den Einfluss von Infrarotheizungen auf den Heizwärmebedarf zu untersuchen. Es wurden drei Szenarien betrachtet:

  1. Büroraum: Ein durchschnittlicher Büroraum mit einer Raumtemperatur von 20 °C, die auf 16 °C abgesenkt wird. Unterstützende Infrarotstrahler sorgen bei der Belegung des Raumes für die nötige Wärme.
  2. Wohnraum: Ein typisches Wohnzimmer mit einer Raumtemperatur von 22 °C, die ebenfalls auf 16 °C abgesenkt wird. Auch hier werden Infrarotstrahler eingesetzt, um die Absenkung auszugleichen.
  3. Raum Niederrhein: Ein Raum, der aufgrund der Bauweise vergleichsweise große Verluste hat. Hier wurde untersucht, wie zusätzliche Infrarotstrahler die Nutzbarkeit des Raumes verbessern können, ohne die Raumtemperatur dauerhaft abzusenken.

Die Berechnungen zeigen, dass in den Szenarien 1 und 2 durch die Absenkung der Raumtemperatur und den Einsatz von Infrarotstrahlern der Erdgasbedarf deutlich reduziert werden kann, was aber hauptsächlich auf die Umstellung der Wärmequelle zurückzuführen ist. Es entsteht entsprechend ein zusätzlicher Strombedarf für die Infrarotstrahler, der diesen Einsparungen gegenübergestellt werden muss. Dies wird in der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung  vertieft. Im Szenario 3 bringt der Einsatz von Infrarotstrahlern hauptsächlich den Vorteil, dass die Aufheizgeschwindigkeit des Raumes deutlich verbessert wird.

Erdgasbedarf vorher (kWh/a) Erdgasbedarf nachher (kWh/a) Strombedarf nachher (kWh/a)
Szenario 1 – Büroraum
694 300 845
Szenario 2 – Wohnraum
868 390 550

Die Details zum Modell

Das Modell basiert auf einer energetischen Bilanzierung nach DIN V 4108-6, wobei Wärmeverluste (Transmissions- und Lüftungsverluste) den Wärmegewinnen (interne und solare Gewinne) gegenübergestellt werden. Aus der Differenz ergibt sich der benötigte Heizwärmebedarf, der erforderlich ist, um eine gewünschte Raumtemperatur zu halten.

Transmissionswärmeverluste entstehen durch den Wärmefluss durch Wände und Fenster, während Lüftungsverluste beim Luftaustausch entstehen. Interne Gewinne umfassen die Abwärme von technischen Geräten und Menschen, während solare Gewinne durch die Sonneneinstrahlung erzielt werden. Die nachstehende Formel verdeutlicht diese Bilanz:

QH = QT + QV – (QI + QS)

Dabei beschreibt QH den Heizwärmebedarf, QT und QV die Transmissions- und Lüftungsverluste sowie QI und QS die internen und solaren Gewinne. Diese Bilanz bildet die Grundlage für die Berechnungen im Modell, das eine stündliche Betrachtung auf iterativer Basis über das Jahr hinweg ermöglicht. Auf diese Weise kann der Heizwärmebedarf für jede Stunde ermittelt werden, indem die Temperaturänderung in Abhängigkeit von den Wärmegewinnen und -verlusten berechnet wird.

Darstellung der Energieflüsse eines Gebäudes

Funktionsweise des Modells

Das Modell wurde entwickelt, um den Temperaturverlauf eines Raumes sowie den jährlichen Heizwärmebedarf abzubilden. Die Berechnungen basieren auf stündlichen Werten, wobei jede Stunde die Temperatur der vorherigen Stunde als Ausgangswert für die nächste Berechnung verwendet. Dieses iterative Vorgehen ermöglicht es, den Heizbedarf für jede Stunde über das Jahr hinweg zu ermitteln und somit eine detaillierte Energiebilanz zu erstellen.

Zu den wichtigsten Eingangsparametern des Modells gehören:

  • Oberflächen des Raumes (Wände, Fenster, etc.)
  • U-Werte (Wärmedurchlässigkeit der Oberflächen)
  • Luftwechselrate
  • Volumen des Raumes
  • Solare Einstrahlung und Wetterdaten

Auf Basis dieser Daten berechnet das Modell, wie viel Energie benötigt wird, um eine gewünschte Raumtemperatur zu halten. Dies erfolgt über die Berechnung der Wärmeverluste durch Transmission und Lüftung sowie der Gewinne durch interne und solare Einflüsse.

Die Transmissionswärmeverluste QT werden durch folgende Formel beschrieben:

QT = U · A · (TI – TA)

Die Lüftungsverluste QV berechnen sich wie folgt:

QV = n · V · ρ · cp · (TI – TA)

Die internen Gewinne QI, die durch Personen oder Geräte erzeugt werden, werden über folgende Formel ermittelt:

QI = p · q

Die solaren Gewinne QS, die durch Sonneneinstrahlung erzielt werden, berechnen sich wie folgt:

QS = AF · s · l

Kalibrierung des Modells

Um die Genauigkeit des Modells zu gewährleisten, wurde es anhand von Messungen kalibriert. Über einen Zeitraum von 24 Stunden wurde der Temperaturverlauf eines Raumes gemessen und mit den Modellwerten verglichen. Abweichungen zwischen den Messungen und den Simulationen wurden durch einen spezifischen Faktor FF angepasst, der raumspezifisch bestimmt wurde und den Einfluss von Faktoren wie der Wärmespeicherung durch Möbel oder Wärmegewinnen aus angrenzenden Räumen berücksichtigt.

Nach dem iterativen Vorgehen des Modells baut die Berechnung des Heizbedarfs der zweiten Stunde QH,2 auf der Temperatur am Ende der ersten Stunde T1 auf, da die Temperatur T1 jetzt als Starttemperatur gilt. Die Temperatur am Ende der Stunde wird durch folgende Formel beschrieben:

Ti = Ti-1 + ΔTi

Die Temperaturänderung ΔTi während der Stunde ergibt sich aus dem Heizwärmebedarf QH,i:

ΔTi = QH,i / (V · ρ · cp)

Mit diesen Formeln kann der Heizbedarf für jede Stunde über das gesamte Jahr berechnet werden. Der gesamte Heizwärmebedarf für das Jahr wird durch folgende Formel ermittelt:

QH = ΣQH,i (von i = 1 bis 8760)

Darstellung, welche den modellierten Temperaturverlauf zu den Gemessenen im Raum Niederrhein zeigt.

Schlussfolgerung

Die durchgeführten Berechnungen und Simulationen verdeutlichen, dass eine präzise energetische Bilanzierung unerlässlich ist, um den Heizwärmebedarf von Räumen effizient zu steuern und mögliche Energieeinsparungen zu identifizieren. Für Räume mit besonders hohen Wärmeverlusten, wie im Fall des Raum Niederrhein, zeigt sich, dass der alleinige Einsatz konventioneller Heizsysteme nicht immer ausreichend ist, um eine konstante Komforttemperatur zu erreichen. Hier bieten Infrarotheizungen nicht nur eine Möglichkeit, die thermische Behaglichkeit zu verbessern, sondern auch die Nutzungszeiten des Raumes zu erweitern, ohne den Gesamtenergiebedarf drastisch zu erhöhen.

Letztlich verdeutlichen die Ergebnisse, dass jede energetische Optimierung raumspezifisch geplant werden muss, um den maximalen Nutzen zu erzielen. Eine sorgfältige Planung der Heizleistung, der Strahlerplatzierung und der Integration von Infrarotheizungen kann erhebliche Einsparungen und Verbesserungen der Raumkomfortbedingungen bewirken. Das vorgestellte Modell zur energetischen Bilanzierung ist ein wertvolles Werkzeug, um diese Optimierungen zu berechnen und fundierte Entscheidungen für die Heizungsplanung zu treffen.

Weiterführende Einträge

Für eine detailliertere Betrachtung der einzelnen Themen haben wir jeweils einzelne Einträge erstellt. Alle Beiträge laufen hierbei unter den Namen Infrarotheizungen im Hybridsystem darunter:

Fragen? Die Betreuer dieses Projekts waren Prof. Dr. Joachim Schettel und Thomas Leidenbach vom SWK E² – Institut für Energietechnik und Energiemanagement der Hochschule Niederrhein (https://www.hs-niederrhein.de/swk-e2) . Nehmen Sie hier gerne Kontakt auf, um mehr Informationen zu erhalten.