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Was ist Urban Building Energy Modelling und was ist dessen relevanz für unsere Gebäudeplannung?

In einer Zeit, in der der Klimawandel und die Energiekrise zu den drängendsten globalen Herausforderungen zählen, rückt die Notwendigkeit nachhaltiger und energieeffizienter Städte immer mehr in den Vordergrund. Die Europäische Union (EU) hat sich ehrgeizige Ziele gesetzt, um bis 2050 klimaneutral zu werden. Ein zentraler Baustein dieser Strategie ist die Optimierung des Energieverbrauchs im städtischen Raum, wo der Gebäudebestand einen Großteil der Energie verbraucht. Hier soll der Endenergieverbrauch sinken. Das geht bisher jedoch nur langsam voran, jedoch steigt die Entwicklung von Urban Building Energy Modelling, welche hier unterstützen könnte.

Darstellung der verschiedenen Faktoren, die den Energieverbrauch von Gebäuden beeinflussen

Das zentrale Problem hierbei ist, dass unser Gebäudebestand in die Jahre gekommen ist und in Europa größtenteils als ineffizient gilt. Gleichzeitig sind es aber diese Gebäude, in denen wir auch im Jahr 2050 noch arbeiten und leben werden. Dementsprechend muss unser Gebäudebestand weiter überdacht und transformiert werden. Leider sind kaum Verbesserungen in den Endenergieverbrauch unsere Gebäude zusehen.

Um diese Transformation zu untersuchen, kann Urban Building Energy Modelling (UBEM) zum Einsatz kommen. Dabei werden die verschiedenen Faktoren, die den Energieverbrauch eines Gebäudes beeinflussen, auf der Ebene von Städten, Stadtvierteln oder anderen aggregierten Größen modelliert und analysiert. Durch den Einsatz fortschrittlicher Simulationstechniken und Datenanalysen ermöglicht UBEM Stadtplanern, Architekten und Entscheidungsträgern, fundierte Entscheidungen zu treffen, die zur Reduzierung des CO2-Fußabdrucks und zur Verbesserung der Energieeffizienz beitragen.

Modifizierte Darstellung nach UBA "Indikator: Energieverbrauch für Gebäude" nach Daten der Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen, Anwendungsbilanzen, Stand 11/2023

In diesem Artikel werden die Grundlagen des UBEM erläutert, seine Bedeutung für die moderne Gebäudeplanung aufgezeigt und anhand von Beispielen verdeutlicht, wie dieser Ansatz bereits heute zur Erreichung der Klimaziele der EU beiträgt.

Was ist Urban Building Energy Modeling (UBEM)?

UBEM ist ein Instrument zur Berechnung des Energieverbrauchs von Gebäuden im urbanen Maßstab mit begrenzten Ressourcen, das die Formulierung neuer Energiepolitik erleichtert. Im Wesentlichen geht es darum, den Energieverbrauch von Gebäuden auf einer gruppierten Ebene zu modellieren, um ein besseres Verständnis der energetischen Zusammenhänge und des Optimierungspotenzials zu erhalten.

Worfür kann UBEM eingesetzt werden?

  • Fundierte Entscheidungsfindung: UBEM ermöglicht es Stadtplanern, politischen Entscheidungsträgern und Energiemanagern, fundierte Entscheidungen über Energieeffizienzmaßnahmen und nachhaltige Stadtentwicklung zu treffen.
  • Identifizierung von Optimierungspotenzialen: Durch die detaillierte Analyse des Energieverbrauchs können gezielte Maßnahmen zur Reduzierung des Energieverbrauchs und der Emissionen des Gebäudebestandes entwickelt werden.
  • Langfristige Planung: UBEM ermöglicht die Simulation und Analyse der Entwicklung des Gebäudebestandes über lange Zeiträume und unterstützt damit eine zukunftsorientierte Planung.
  • Integration erneuerbarer Energien: UBEM kann verwendet werden, um dynamische urbane Analysen zu unterstützen und eine bessere Leistung als linear überlagerte BEM-Methoden zu erzielen. UBEM kann in umfassende städtische Energieplanungsprozesse integriert und mit regionalen Energiesystemen und erneuerbaren Energieerzeugungsprogrammen kombiniert werden. Eine aktuelle Anwendung in Deutschland ist hierbei die Wärmeplanung.

Die wichtigsten Strategien im UBEM

Es gibt zwei Hauptansätze für UBEM abhängig von der Angehensweise:

  • Top-Down-Modellierung: Top-down-Modelle schätzen den Energieverbrauch von Gebäuden auf der Grundlage aggregierter Daten in großem Maßstab. Sie schätzen die langfristigen Beziehungen zwischen dem Energieverbrauch eines Stadtgebiets und bestimmten Faktoren. Diese Methode basiert auf statistischen Verfahren, die sozioökonomische, technologische und physikalische Faktoren berücksichtigen.
  • Bottom-Up-Modellierung: Dieser Ansatz berechnet den Energieverbrauch jedes einzelnen Gebäudes und aggregiert diese Daten zu einem Gesamtbild des städtischen Energieverbrauchs. Dabei werden Faktoren wie Geometrie, Materialien, Nutzungsmuster und technische Ausstattung berücksichtigt. Die Bottom-up-Methode umfasst drei Untergruppen: die physikalisch basierte Methode, die datenbasierte Methode und die Grey-Box-Methode.

Im ersten Fall werden Methoden verwendet, die die Beziehungen zwischen dem Energieverbrauch und seinen wichtigsten Faktoren nutzen. Dazu werden statistische und historische Daten verwendet. Zu diesen Faktoren gehören wirtschaftliche Variablen wie Energiepreise; Technologie Variablen, bauliche Merkmale von Gebäuden; oder physikalische Variablen wie Klima- und Wetterbedingungen. Auch andere Modellansätze wie Regressionsanalysen, ökonometrische Modelle oder Bilanzmodelle für Energieflüsse finden hier ihren Platz.

Die Bottom-up-Modelle sind in der Anwendung einfacher. Hier gibt es im Wesentlichen zwei Optionen:

  • Physikalisch-basierte Modellierung: Verwendet detaillierte physikalische Modelle, um das energetische Verhalten von Gebäuden zu simulieren. Eine Entwicklung aus dem Building Energy Modelling.
  • Datengesteuerte Modellierung: Verwendet statistische Methoden und maschinelles Lernen, um Energieverbrauchsmuster aus realen Daten abzuleiten.

Schließlich gibt es noch die Kombination der verschiedenen Modelle in Form von Hybridmodellen. Hybride Methoden schlagen eine Brücke zwischen datengetriebenen und ingenieurmäßigen Methoden. Abhängig von den Anforderungen des eigentlichen Modells können Hybridmethoden unterschiedliche Kombinationen von Techniken verwenden, um die verschiedenen Modellziele zu erreichen. Eine häufige Anwendung sind Grey-Box-Modellierungsansätze. Diese versuchen, physikalisch basierte Modelle (auch White Box Modelle genannt) mit den Vorteilen von datengetriebenen Modellen (auch Black Box Modelle genannt) zu kombinieren. Ziel der Grey-Box-Methoden ist es, mit weniger Eingangsinformationen eine höhere Modellgenauigkeit zu erreichen.

Die Herausforderungen

Trotz des großen Potenzials von UBEM gibt es auch Herausforderungen:

  • Datenverfügbarkeit und -qualität stellen eine der größten Hürden dar. Viele der entsprechenden Modellansätze in Kombination handeln deswegen mit der Verknüpfung von Variablen, wo Daten nicht vorhanden sind.
  • Modellierung des Nutzerverhaltens: Die Einbeziehung des komplexen und dynamischen Nutzerverhaltens in die Modelle ist eine anspruchsvolle Aufgabe aufgrund der großen Variation.
  • Rechenaufwand: Die Simulation großer Gebäudebestände erfordert erhebliche Rechenleistung. Besonders die physikalisch-basierte Modellierung von einzelnen Objekten auf eine hohen zeitlichen Auflösung um z.B. Solarwärmegewinne einzubeziehen.

Die Zukunft von UBEM

UBEM entwickelt sich rasch weiter, da neue Technologien und Methoden die Genauigkeit und Effizienz der Modellierung verbessern. Insbesondere in den vergangenen zehn Jahren ist ein deutlicher Anstieg der Modellierung zu verzeichnen, und die Integration von IoT-Geräten, künstlicher Intelligenz und Cloud Computing eröffnet neue Möglichkeiten für die Datenerfassung und -verarbeitung, die Verbesserung der Modellgenauigkeit und die Beschleunigung von Simulationen.

Gerade in der heutigen Zeit ist es wichtig, die Planung für den Umbau unseres Gebäudebestands zu präzisieren und voranzutreiben. UBEM ist ein unverzichtbares Werkzeug für die Gestaltung einer nachhaltigen urbanen Zukunft. Durch die Kombination von präzisen Modellen, fortschrittlichen Technologien und einer engen Zusammenarbeit zwischen Forschern, politischen Entscheidungsträgern und der Industrie können wir das volle Potenzial von UBEM ausschöpfen und unsere Städte energieeffizienter, lebenswerter und umweltfreundlicher machen. Dennoch gibt es noch Lücken, wie die fehlende Einbeziehung von Faktoren wie der Verfügbarkeit von Arbeitskräften und Materialien.

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