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Funktionsweise und thermischer Komfort von Infrarotheizungen

Infrarotheizungen (IR) unterscheiden sich grundlegend von herkömmlichen Konvektionsheizkörpern. Während klassische Systeme primär die Raumluft erwärmen, die dann zirkuliert, gibt eine IR-Heizung wie die Sonne Strahlungswärme ab. Diese trifft direkt auf feste Körper wie Wände, Möbel und anwesende Personen.  Diese unterschiedliche Wirkweise hat direkte Konsequenzen für das thermische Empfinden und definiert die idealen Anwendungsbereiche dieser Technologie. In einem vorherigen Studentenprojekt haben wir bereits einige Aspekte näher betrachtet und Untersuchungen durchgeführt. Doch wie sehen andere Ergebnisse in der Literatur aus?

Die richtige Positionierung bei Infrarot macht einen großen Unterschied für das Gefühl. Teile des Bildes wurden mit der KI „Nano Banana” von Google generiert.

Der Komfort-Vorteil: Operative Temperatur

Zu den Vorteilen zählen die schnelle Aufheizzeit von Infrarot und das angenehme Gefühl der Strahlung. Unser Behaglichkeitsempfinden wird nicht allein durch die Lufttemperatur bestimmt, sondern durch die sogenannte „operative Temperatur”. Diese ist vereinfacht ein Mittelwert aus der Lufttemperatur und der mittleren Strahlungstemperatur aller uns umgebenden Flächen (Wände, Decken, Böden).

Hier liegt ein oft genannter Vorteil der IR-Systeme: Da sie die Flächen direkt erwärmen, steigt die mittlere Strahlungstemperatur. Mehrere Studien bestätigen, dass dadurch ein identisches thermisches Komfortempfinden bei einer messbar niedrigeren Lufttemperatur erreicht werden kann:

  • Eine Vergleichsmessung des Fraunhofer-Instituts für Bauphysik IBP [1] in zwei identischen Testhäusern ergab, dass die operative Temperatur im IR-Haus bei einer um 0,4 K niedrigeren Lufttemperatur als im konventionell beheizten Haus als gleichwertig empfunden wurde.
  • Das Forschungsprojekt „IR-Bau“ [2] kam bei seinen Laboruntersuchungen auf eine mögliche Absenkung der Lufttemperatur um 0,6 K bei gleichem Komfort.

Diese leichte Absenkung der Lufttemperatur kann dabei helfen, Lüftungswärmeverluste zu reduzieren, und senkt potenziell den Energieverbrauch – und damit die Kosten. Es gibt Hersteller, die auf eine höhere Temperaturdifferenz hinweisen, die jedoch nur in eigenen Studien wiedergegeben wurde.

Die praktische Einschränkung: Wärme nur bei „Sichtverbindung“

Die direkte Strahlungswärme hat jedoch eine entscheidende praktische Konsequenz. Eine umfassende britische Studie zu Nutzererfahrungen [3] hat klar herausgearbeitet, dass der empfundene Komfort extrem von der direkten „Sichtverbindung” (Line of Sight) zum Heizpaneel abhängt.

Ähnlich wie beim Licht einer Lampe entsteht ein „Strahlungsschatten”. Personen, die sich außerhalb des direkten Strahlungskegels aufhalten, beispielsweise hinter einem Sofa oder um eine Ecke , empfinden den Raum als deutlich kühler. Viele Teilnehmer dieser Studie [3] beschrieben die IR-Heizung daher eher als effektive Zusatzheizung für bestimmte Bereiche denn als raumfüllende Hauptheizung.

Von der Einschränkung zur Stärke: Die zonale Beheizung

Was wie ein Nachteil klingt, ist bei richtiger Planung die größte Stärke der Technologie: die **zonale Beheizung**. IR-Heizungen sind Spezialisten für die schnelle, gezielte Erwärmung von Aufenthaltsbereichen.

Eine Studie der TU Dresden [4] verglich IR-Paneele direkt mit elektrischen Teilspeicherheizungen (TSP) in einem Versuchsraum. Die Ergebnisse zeigten:

– Im Nahbereich (1 Meter Abstand) war die IR-Heizung am effizientesten und benötigte den geringsten Strom, um eine definierte Temperaturerhöhung am Messpunkt zu erreichen.

– Im Fernbereich (3,5 Meter Abstand) war die Teilspeicherheizung überlegen, da sie durch ihre Konvektionsleistung den gesamten Raum gleichmäßiger durchwärmte.

Die Stärke der Infrarot-Heizung liegt also nicht in der homogenen Dauerbeheizung ganzer Räume, sondern in der schnellen, bedarfsgerechten Wärme für klar definierte Zonen [5]. Dadurch ist sie ideal für eine smarte, anwesenheitsbasierte Steuerung geeignet [6]. Wichtig ist somit die Auslegung der Infrarot-Panele über die Bereiche, in denen man sich am meisten aufhält. Je nach Wohnungsgröße können auch mehr IR-Panele in schwächerer Form verteilt werden.

Fazit zu Komfort

Der Komfort ist hoch, solange man sich im Strahlungsbereich aufhält. Er ist jedoch nicht raumfüllend. Dies kann zu Komforteinbußen durch „Strahlungsschatten” [3] und kalte Zonen führen. In schlecht gedämmten Gebäuden kann dies außerdem das Risiko für Kondensation erhöhen.

Diese spezifische Funktionsweise wirft entscheidende Fragen für eine Gesamtbewertung auf: Diese Aspekte beleuchten wir im nächsten Artikel.

Für eine praxisorientierte Betrachtung gab es in der Vergangenheit eine genauere Untersuchung einer Studentengruppe, die den Einsatz in diversen Nutzungsszenarien geprüft hat.

Referenzen

[1] M. Kersken, H. Sinnesbichler, und C. Wörle, „Messtechnischer Vergleich des Heizungsenergieverbrauchs eines konventionell beheizten Einfamilienhauses mit einem Gebäude mit Infrarotheizung“, Fraunhofer-Institut für Bauphysik IBP, Holzkirchen, IBP-Bericht Nr. EER-013/2024/720, Aug. 2024.
[2] J. Heider et al., „Potenzial von Infrarot-Heizsystemen für hocheffiziente Wohngebäude“, Forschungsprojekt IR-Bau, HTWG Konstanz, TU Kaisersl., ee concept, Abschlussbericht, Feb. 2020.
[3] D. Collins, R. Rednic, und C. D. Thake, „Infrared heating as an adjunct to achieve vehicle occupant thermal comfort“, Extrem Physiol Med, Bd. 4, Nr. S1, S. A82, 2046-7648-4-S1-A82, Dez. 2015, doi: 10.1186/2046-7648-4-S1-A82.
[4] L. Schinke und M. Beyer, „Messtechnischer Vergleich der Raumbeheizung mit einer elektrischen Teilspeicherheizung und einer Infrarotheizung“, TU Dresden, Inst. für Energietechnik, Dresden, Mai 2024.
[5] C. Scott, A. H. Ferdaus, T. Kenan, und A. Albarbar, „Cost-effective occupation dependant infrared zonal heating system for operational university buildings“, Energy and Buildings, Bd. 272, S. 112362, Okt. 2022, doi: 10.1016/j.enbuild.2022.112362.
[6] M. Kersken, H. Sinnesbichler, und H. Erhorn, „Analyse der Einsparpotenziale durch Smarthome‐ und intelligente Heizungsregelungen“, Bauphysik, Bd. 40, Nr. 5, S. 276–285, Okt. 2018, doi: 10.1002/bapi.201800003.