Wann rechnet sich eine Infrarotheizung?
Im letzten Artikel haben wir die Funktionsweise von Infrarotheizungen (IR) und ihren Einfluss auf den thermischen Komfort in der Literatur analysiert. Wir haben festgestellt, dass sie eine schnelle, zonale Wärme erzeugen, die sich ideal für eine anwesenheitsbasierte Steuerung eignet, aber auch Komfortlücken in "Strahlungsschatten" aufweisen kann. Nun zur entscheidenden Frage für Bauherren und Sanierer: Wann sind IR-Heizungen energetisch und ökonomisch eine sinnvolle Wahl?

Die Grundvoraussetzung: Exzellente Dämmung
Alle uns vorliegenden Studien – von Simulationen [1] bis hin zu Feldversuchen [2] – kommen zum selben Schluss: IR-Heizungen eignen sich als Hauptheizsystem ausschließlich für Gebäude mit sehr hohem Dämmstandard (z.B. Neubau nach KfW-Standard oder sanierte Altbauten).
Eine niederländische Simulationsstudie [1] hat die Gesamtbetriebskosten (Total Cost of Ownership, TCO) über 15 Jahre verglichen:
- In gut gedämmten Reihenhäusern (BENG-Standard) waren die TCO von IR-Heizungen niedriger als die von Wärmepumpen.
- In schlecht gedämmten Häusern waren die TCO von IR-Heizungen immer am höchsten.
Ein Feldversuch in Großbritannien [2] bestätigt dies drastisch: In schlecht isolierten Sozialwohnungen führten die IR-Systeme zu hohen Stromrechnungen und mangelndem Komfort (kalte Zonen), sodass sie wieder ausgebaut werden mussten.
Fazit: Ohne eine sehr gute Gebäudehülle ist der Einsatz von IR als Hauptheizung ökonomisch nicht sinnvoll.
Bei schlecht gedämmten Häusern ist der Verlust zu groß, sodass sich klassische Heizsysteme eher lohnen.

Die Dämmung ist nicht nur eine pauschale Voraussetzung; sie muss im Detail betrachtet werden. Eine Simulationsstudie [3] zur Optimierung von Dämmstärken zeigte, dass die optimale Dämmdicke von der Position der Heizpaneele abhängt. So erfordert eine Wand mit Wandpaneelen eine dickere Dämmschicht als eine Wand mit Fußbodenheizung, um die Verluste nach außen zu minimieren. Dies unterstreicht, dass IR-Heizungen als integraler Bestandteil der Gebäudehülle geplant werden müssen, nicht als nachträgliche Ergänzung.
Energiebilanz: Nutz-, End- und Primärenergie
Wie effizient ist die Technologie nun wirklich? Hier muss man drei Ebenen unterscheiden:
- Nutzenergie (Wärme im Raum): Eine Studie des Fraunhofer IBP [4] hat in zwei identischen Testhäusern gemessen, dass die Wärmemenge, die im Raum ankam, bei der IR-Heizung und einer konventionellen Gasheizung nahezu identisch war.
- Endenergie (Energie am Zähler): Die Gasheizung benötigte mehr Endenergie (zugeführtes Gas), um diese Nutzwärme zu erzeugen. Grund waren Erzeugungs- und Verteilverluste im (unbeheizten) Keller und in den Leitungen, die bei der IR-Heizung (die den Strom direkt im Raum umwandelt) entfallen [4]. Eine griechische Studie [5] bestätigt ebenfalls, dass IR-Systeme bei der reinen Endenergiebilanz im sanierten Bestand oft am besten abschneiden.
- Primärenergie (Energie am Kraftwerk/Quelle): Hier kehrt sich das Bild um. Aufgrund des Strommix (der in vielen Ländern noch stark fossil geprägt ist) ist die Primärenergiebilanz von Netzstrom-betriebenen IR-Heizungen oft schlechter als die einer effizienten Gastherme [4], [5]. Eine serbische Studie [6] untermauert dies: Solange der Primärenergiefaktor (R) des Stromnetzes hoch ist, schneiden elektrische Heizsysteme (selbst Wärmepumpen) in der Primärenergiebilanz schlechter ab als Gas.
IR-Systeme sind also am Zähler (Endenergie) sehr effizient, aber durch den Strombezug primärenergetisch oft im Nachteil. Im Vergleich zu einer Luft-Wasser-Wärmepumpe, die zusätzlich Umweltwärme nutzt, benötigen sie für dieselbe Wärmemenge etwa 2,9-mal mehr Strom [7]. Nichtsdesto trotz sind Sie mit der Dekarbonisierung unseres Stromnetzes auch in Zukunft als klimaneutral einzustufen.
Die Nischenanwendung: Smarte Zonenheizung
Was aber, wenn IR nicht das Hauptsystem ist? Wie in Teil 1 diskutiert, liegt die Stärke der Technologie in der schnellen, zonalen Wärme. Studien zu smarter, anwesenheitsbasierter Steuerung (wie sie für IR ideal ist) zeigen Einsparpotenziale von 9–18 % [9], [10].
Hier ergibt sich eine sinnvolle Nischenanwendung: IR-Heizungen als Ergänzung zu einem trägen Hauptsystem. Eine Fußbodenheizung (egal ob mit WP oder Gas) ist langsam. Um morgens schnell das Bad oder tagsüber das Home-Office zu erwärmen, ist eine zonale IR-Heizung oft effizienter, als das gesamte Hauptsystem hochzufahren. Ähnliches wurde hierbei schon von Studenten in unserem vorherigen Projekt geprüft.
In großen, hohen Räumen wie Industriehallen oder Hangars kehrt sich dieser Vorteil jedoch um. Simulationen [11] zeigen, dass dort eine Fußbodenheizung homogener und effizienter arbeitet, da die IR-Heizungen in großer Höhe die Wärme nicht mehr effizient in die Aufenthaltszone am Boden bringen können.
Fazit
Infrarotheizungen sind keine „Plug-and-Play“-Sparlösung für jeden Altbau. Sie sind eine Systementscheidung, die nur unter klaren Bedingungen funktioniert.
Basierend auf der aktuellen Studienlage lautet unsere Einschätzung:
- Sinnvoll als Hauptsystem? Ja, aber nur in sehr gut gedämmten Gebäuden (Neubau/Vollsanierung) mit geringer Heizlast. Die Dämmstärke muss dabei auf die Heizungsart abgestimmt sein [3].
- Wirtschaftlich & Ökologisch? Ja, aber nur, wenn sie als Gesamtsystem mit einer ausreichend dimensionierten PV-Anlage geplant werden, um den Stromverbrauch (insbesondere in den Übergangszeiten Frühling und Herbst) weitgehend zu decken [6], [7], [8].
- Sinnvoll als Zusatzsystem? Ja, für die gezielte, anwesenheitsbasierte Beheizung einzelner Zonen (z.B. Bad, Home-Office) [9], [10], um die Grundlast eines trägen Hauptsystems zu reduzieren und den Komfort zu steigern.
Die Technologie ist also vor allem eine Option für disziplinierte Nutzer in hocheffizienten Gebäuden, die bereit sind, in ein smartes Gesamtsystem aus Dämmung, Zonensteuerung und PV zu investieren.
