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uSens: U-Wert messung an der Hauswand

Der Schlüssel zur Effizienz eines Gebäudes liegt in seiner Hülle. Schlechte Werte in diesem Bereich führen zu einem starken Energieverlust. Eine der wichtigsten Kennzahlen dafür ist der Wärmedurchgangskoeffizient, auch U-Wert genannt. Er gibt an, wie gut oder schlecht ein Bauteil gedämmt ist. Bisher war die genaue Bestimmung dieses Wertes für Laien kaum möglich. Ein Master-Projektteam des Studiengangs Energiewirtschaftsingenieurwesen der Hochschule Niederrhein hat nun eine Lösung entwickelt, die dieses Problem auf elegante und kostengünstige Weise löst.

Diagramm des Schematische TemperaturverlaufsSchematische Darstellung des Wärmestroms durch ein Dämmstoff mit Temperaturverlauf von der Projektgruppe

Die Herausforderung bei der Gebäudedämmung: Theorie vs. Realität.

Jeder Hausbesitzer, der eine Sanierung plant, steht vor derselben Frage: Wo fange ich an? Oft basiert die Antwort auf theoretischen Berechnungen oder pauschalen Annahmen über den Wandaufbau. Die Forschung der Studierenden zeigt jedoch, dass diese theoretischen Werte in der Praxis um bis zu 50 Prozent von der Realität abweichen können. Besonders bei älteren Gebäuden, deren genaue Materialzusammensetzung oft unbekannt ist, können solche Schätzungen zu teuren Fehlinvestitionen führen.

Eine professionelle Messung durch Experten ist jedoch oft aufwendig und kostspielig. Das Ziel des uSens-Projekts war es daher, eine präzise In-situ-Messung, die einfach, zerstörungsfrei und für jedermann zugänglich ist.

Die Lösung: ein smartes Duo für präzise Langzeitmessungen.

Das Herzstück von uSens ist ein modulares System, das aus zwei Hauptkomponenten besteht.

  • Die Sensoreinheit ist ein kleines, batteriebetriebenes Gerät, das direkt an der zu messenden Wand befestigt wird. Sie ist mit zwei Sensoren ausgestattet: einem, der die Raumlufttemperatur erfasst, und einem Infrarotsensor, der die Oberflächentemperatur der Wand berührungslos misst. Dank eines intelligenten Tiefschlafmodus kann die Einheit wochenlang autark Daten sammeln, ohne an eine Steckdose angeschlossen zu sein.
  • Der Zwischenspeicher (Gateway): Diese zweite Box wird mit dem heimischen Internetrouter verbunden und dient als Kommunikationszentrale. Sie baut ein eigenes WLAN-Netzwerk auf, empfängt die Daten der Sensoreinheit und leitet sie sicher an die Cloud-Infrastruktur des Systems weiter.

Dieser Aufbau macht die Anwendung denkbar einfach: Das Gateway wird eingesteckt, der Sensor an die Wand geklebt und eingeschaltet – der Rest geschieht vollautomatisch.

Die Cloud als Gehirn: Intelligente Datenverarbeitung im Hintergrund

Die eigentliche Innovation von uSens liegt in der Software und im Datenmanagement. Anstatt auf teure Wärmeflusssensoren zu setzen, nutzt das System einen intelligenten Ansatz, der sich an der Norm ISO 9869-2 orientiert.

  1. Die Sensordaten (Raum- und Wandtemperatur) werden an den Cloud-Server gesendet.
  2. Dort fragt das System automatisch die exakten, standortbezogenen Wetterdaten vom Deutschen Wetterdienst ab, insbesondere die Außentemperatur und die Windgeschwindigkeit.
  3. Mithilfe dieser vier Werte (Innentemperatur, Wandtemperatur, Außentemperatur und Windgeschwindigkeit) sowie der zugrunde liegenden physikalischen Formeln berechnet der Server den Wärmestrom und daraus den präzisen, durchschnittlichen U-Wert der Wand.

Der Nutzer muss sich um diese komplexen Berechnungen keine Gedanken machen. Er sieht auf seinem persönlichen Web-Dashboard das verständlich aufbereitete Ergebnis.

Fazit und Ausblick: Ein wertvoller Beitrag für nachhaltiges Bauen in der Region.

Das Projekt uSens ist ein voller Erfolg. Es wurde ein voll funktionsfähiges System geschaffen, das bereits erfolgreich in der Praxis getestet wird. Es beweist, wie sich mit cleverer Technologie und wissenschaftlichem Know-how der Hochschule Niederrhein komplexe Probleme lösen und für eine breite Anwendung zugänglich machen lassen. Für Hausbesitzer, Energieberater und Handwerksbetriebe im Kreis Viersen und hinaus bietet dieser Ansatz ein enormes Potenzial, um Sanierungsmaßnahmen effizienter zu planen und nachhaltig Energiekosten zu sparen.

Auch nach Abschluss des Projekts gibt es bereits zahlreiche Ideen für die Weiterentwicklung, darunter die Unterstützung mehrerer Sensoren gleichzeitig und eine noch interaktivere Gestaltung des Dashboards.

Wie geht es weiter?

Projekte wie diese zeigen das große Innovationspotenzial, das in der Zusammenarbeit von Wissenschaft und Praxis steckt. Auch wenn das Projekt für dieses Semester abgeschlossen ist, soll in der Zukunft dieser Ansatz weiterverfolgt werden. Ziel ist es, ein Produkt herzustellen, welches später vermarktet werden kann.

Kontakt für dieses Projekt ist Prof. Dr.-Ing. Joachim Schettel von der Hochschule Niederrhein. Unternehmen, die an einer Weiterentwicklung, einer Kooperation oder ähnlichen Innovationsprojekten interessiert sind, können sich gerne an die Hochschule Niederrhein wenden. Auf der Website des Fachbereichs Wirtschaftsingenieurwesen finden Sie detaillierte Informationen über eine potenzielle Zusammenarbeit mit der Hochschule.

Weiterführende Einträge: Einblicke in unsere Projekte zur Energieeffizienz

Die Herausforderungen der Energiewende im Gebäudesektor sind vielschichtig. Unsere Projekte an der Hochschule Niederrhein beleuchten dieses Thema aus verschiedenen Blickwinkeln – von der grundlegenden Materialforschung im Labor bis hin zu ganzheitlichen Konzepten für reale Gebäude. Die folgenden Einträge geben Ihnen einen detaillierten Einblick in die einzelnen Projekte und zeigen, wie diese miteinander verknüpft sind.

  • Dämmbox: Prüfstand für kostengünstige Dämmstofftests
    Dieser Beitrag beschreibt die Entwicklung einer „Hot-Box“. Mit diesem Prüfstand kann der U-Wert von Dämmmaterialien unter kontrollierten Laborbedingungen präzise ermittelt werden.
  • ThermoTrack: Der mobile Energieberater im Koffer
    Während uSens die Qualität eines einzelnen Bauteils analysiert, betrachtet ThermoTrack das gesamte Gebäude. Dieser Beitrag stellt den Messtechnik-Koffer vor, der durch die Erfassung von realen Temperatur- und Verbrauchsdaten (z. B. Gas) eine umfassende energetische Bewertung ermöglicht.
  • Studentenprojekt: Hitzeschutzkonzept für die Lebenshilfe Viersen
    Dieses Projekt zeigt die Anwendung all dieser Prinzipien in einem konkreten Fall für die Lebenshilfe Kreis Viersen. Es wird beschrieben, wie mit einem Sensornetzwerk die Hitzeproblematik überwacht wird , wie eine Photovoltaikanlage zur Energieversorgung ausgelegt wird und wie über ein detailliertes Gebäudemodell der exakte Kältebedarf zur Klimatisierung ermittelt wird.